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Mansuy, Isabel

Curriculum Vitae


Isabelle Mansuy ist Professorin für Neuroepigenetik an der Medizinischen Fakultät der Universität Zü-rich und am Institut für Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETH Zürich. Sie wurde als Neurobiologin ausgebildet und forschte 20 Jahre zu den molekularen Mechanismen des Gedächtnisses. In den letzten Jahren wechselte sie zu der neuartigen Disziplin der epigenetischen Vererbung und wurde zu einer der Pionierinnen auf diesem Gebiet. Ihre Erkenntnisse tragen zu dem Paradigmenwechsel in der Biologie bei, der die Epigenetik in den Begriff der Vererbung integriert. Ihr Labor identifizierte einige der epigenetischen Faktoren und Mechanismen, die für die Übertragung der Folgen von traumatischen Erfahrungen in der frühen Kindheit auf die körperliche und geistige Gesundheit über Generationen hin-weg verantwortlich sind. Isabelle Mansuy ist Autorin von 150 Forschungsartikeln, Reviews und Buchka-piteln in den Neurowissenschaften und der Neuroepigenetik. Sie veröffentlichte ein Buch über Epigene-tik für das Laienpublikum "Reprenons le contrôle de nos gènes", Larousse (April 2019). "Wir können unsere Gene steuern", Berlin Verlag (August 2020). Sie ist in mehreren wissenschaftlichen und for-schungsfördernden Gremien aktiv und ist Mitglied der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften, der Europäischen Akademie der Wissenschaften (EUR-ASC) und der Europäischen Molecular Biology Organization. Sie ist Ritterin des Nationalen Verdienstordens und Trägerin der Eh-renlegion in Frankreich. Ebenfalls fungiert sie als Nominatorin für den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.


Isabelle Mansuy is professor in Neuroepigenetics at the Medical Faculty of the University of Zurich and the Department of Health Science and Technology of the ETH Zurich. She trained as a neurobiologist and conducted research on the molecular mechanisms of memory for 20 years. In recent years she switched to the novel discipline of epigenetic inheritance and has become one of the pioneers in that field. Her findings have contributed to the paradigm shift in biology that integrates epigenetics into the notion of heredity. Her lab identified some of the epigenetic factors and mechanisms responsible for the transmission of the consequences of traumatic experiences in early life on physical and mental health across generations. Mansuy has authored 150 research articles, reviews, and book chapters in neuro-sciences and neuroepigenetics. She published a book on epigenetics for the lay public “Reprenons le contrôle de nos gènes”, Larousse (April 2019). “Wir können unsere Gene steuern” Berlin Verlag Aug 2020). She is active on multiple scientific and research funding boards, and is a member of the Swiss Academy of Medical Sciences, the European Academy of Sciences (EURASC), and the European Mo-lecular Biology Organization. She is a knight in the National Order of Merit and holds the Legion of Honor in France. She also acts as nominator for the Nobel Prize in Physiology or Medicine.


Abstract


Wie unsere Lebenserfahrungen ihre Spuren in unseren Nachkommen hinterlassen: Epigentische Veränderungen in den männlichen Keimzellen


Verhalten und Physiologie bei Mensch und Tier werden stark von Umweltbedingungen und Lebenser-fahrungen, insbesondere in der Kindheit, beeinflusst. Während positive Faktoren eine gute Entwicklung und gesunde geistige und körperliche Funktionen begünstigen können, erhöhen negative Ereignisse, wie traumatische Erfahrungen, das Risiko für komorbide Erkrankungen wie psychiatrische, metaboli-sche und psychosomatische Erkrankungen, aber auch Krebs im Erwachsenenalter. Umweltbedingte Erkrankungen sind weltweit in der Bevölkerung stark verbreitet. Solche Erkrankungen können direkt exponierte Personen während ihres gesamten Lebens betreffen, aber auffallend ist, dass sie sich auch auf ihre Kinder auswirken können, manchmal über mehrere Generationen hinweg. Diese Form der Ver-erbung beruht nicht wie bei der klassischen Vererbung auf Veränderungen oder Abwandlungen des genetischen Codes, sondern ist abhängig von epigenetischen Faktoren. Die biologischen Mechanismen, die der Übertragung von erfahrungsabhängigen Merkmalen von den Eltern auf die Nachkommen über die Keimbahn zugrunde liegen, sind bei Säugetieren nicht gut verstanden. Sie müssen dringend er-forscht werden, um umweltbedingte Krankheiten besser kontrollieren, behandeln und verhindern zu können. In diesem Vortrag wird ein erfahrungsabhängiges Modell für frühkindliche Widrigkeiten bei Mäu-sen vorgestellt, das traumabedingte Symptome, wie depressive Verhaltensweisen, erhöhte Risikobe-reitschaft, veränderte soziale Fähigkeiten, kognitive Defizite und einen gestörten Blut- und Hirnstoff-wechsel im Erwachsenenalter rekapituliert. Die Symptome bleiben lebenslang bestehen und viele davon werden an die Nachkommen weitergegeben, in manchen Fällen bis in die fünfte Generation. Die Symp-tome sind mit multiplen epigenetischen Veränderungen assoziiert, einschließlich Veränderungen in der DNA-Methylierung und posttranslationalen Histon-Modifikationen in Sperma, Gehirn und Blut von expo-nierten Vätern und ihren Nachkommen. Neben diesen epigenetischen Faktoren ist auch die RNA in den Keimzellen verändert, und es konnte gezeigt werden, dass Veränderungen ihrer Population kausal mit der Übertragung der Symptome durch eine Injektion verbunden sind. Unsere jüngsten Arbeiten identifi-zierten zirkulierende Faktoren als Vektoren der Kommunikation zwischen der Peripherie und den Keim-zellen, die Signalwege aktivieren und Spuren früherer Erfahrungen in der Keimbahn hinterlassen. Erste Analysen zur Frage, inwieweit die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Gesundheitsver-sorgung von Menschen, die einem Kindheitstrauma ausgesetzt waren, übertragen werden können, be-stätigen diese Ergebnisse. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass epigenetische Prozesse dazu beitragen, wie sich Umwelteinflüsse im frühen postnatalen Leben auf das Verhalten und die Phy-siologie von Erwachsenen auswirken und wie sie zur Vererbung von Symptomen über Generationen hinweg beitragen.


How Life Experiences Leave Traces in Descendants: Epigenetic Mechanisms in the Germline


Behavior and physiology in humans and animals are strongly influenced by environmental conditions and by life experiences, particularly during childhood. While positive factors can favor proper develop-ment and healthy mental and physical functions, negative events such as traumatic experiences in-crease the risk for comorbid conditions like psychiatric, metabolic and psychosomatic diseases, but also cancer in adulthood. Environmental diseases are highly prevalent in the population worldwide. Such disorders can affect directly exposed individuals during their entire life but, strikingly, they can also im-pact their children sometimes across several generations. This form of heredity is not due to changes or alterations in the genetic code (classical heredity), but depends on epigenetic factors. The biological mechanisms underlying the transmission of experience-dependent traits from parent to offspring via the germline are not well understood in mammals. They urgently need to be studied to better manage, treat, and prevent environmental diseases. This talk will present an experimental model of early life adversity in mice, recapitulating trauma-induced symptoms, including depressive behaviors, increased risk-taking, altered social abilities, cognitive deficits, and impaired blood and brain metabolism in adulthood. The symptoms persist throughout life and many of them are transmitted to the offspring, in some cases, up to the 5th generation. Symptoms are associated with multiple epigenetic alterations, including changes in DNA methylation and histone posttranslational modifications in sperm, brain, and blood of exposed fathers and their offspring. In addition to these epigenetic factors, RNA is also altered in germ cells, and alterations in its population have also been demonstrated to be causally linked to symptom transmission by an injection approach. Our recent work identified circulating factors as vectors of communication between the periphery and germ cells, that activate signaling pathways leaving traces of previous ex-periences in the germline. Initial translational analyses in humans exposed to childhood trauma validate these results. Overall, the findings suggest that epigenetic processes contribute to the impact of envi-ronmental exposure in early postnatal life on adult behavior and physiology, and to the inheritance of symptoms across generations.